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AutorenbildHaeggar Lighthouse

Lernen ist aktiv und konstruktiv (Corona 2)


Lernen ist kein passiver Vorgang, in dem Wissen quasi per Trichter ins Gedächtnis abgefüllt wird. Lernen ist vielmehr ein aktiver, konstruktiver Prozess. Lernen ist ein Verb, ein Wort des Tuns.

Neues dockt sich an Bekanntem an und wird durch Übung und Gebrauch Teil des ‚Wissensschatzes‘. Das gilt grundsätzlich für jeden Lernprozess - ob Fern- oder Nah- oder überhaupt Unterricht.


Fähigkeiten zum höheren Denken werden nicht alleine über Zuhören, Schreiben und das Bearbeiten von Routineübungen, sondern über Recherche, Diskussionen, die Übernahme verschiedener Sichtweisen usw. erlernt. Ein konstruktivistischer Ansatz für Lernen betont und fördert neben diesem aktiven Lernen auch die sozialen (Persönlichkeits-) Aspekte des Lernens (Wissen wird oft sozial konstruiert) und die kreativen Aspekte des Lernens (Wissen wird durch Machen im Sinne von Erschaffen oder Nach-Machen erworben). (Fadel et al. 2017)

Der Inhalt wird idealerweise auf verschiedene Arten bearbeitet und hinterlässt so in mehreren Arealen des Gehirns Spuren. Je intensiver und je öfter man das macht, umso besser wird der Inhalt verankert. Diese Auseinandersetzung mit dem Thema, dieser verarbeitende Prozessbraucht einen aktiven Lernenden – das Selbst muss aktiviert sein. Die verschiedenen Facetten der Lernmotivation sorgen unter anderem für diese Aktivierung.



In Zeiten von Fernunterricht ist der soziale und kommunikative Aspekt nicht so einfach umzusetzen. Vor allem bei den Jüngsten sind Kontakte wohl kaum möglich. Mit dem Einsatz von technischen Geräten und der entsprechenden Software ist bei älteren Schülerinnen und Schülern schon viel mehr möglich. Ich habe im Moment Kindergruppen, die sich gemeinsam der Herausforderung 'Mathematik Känguru' stellen (Mittelstufe). Das finde ich sehr spannend. Zudem ist es auch eine moderne Arbeitsweise.

In diesem Bereich lernen wir in der Schule nun viel dazu. Einiges davon sollten wir auch in 'normalen' Zeiten einsetzen.


„Lernen setzt einen wachen Geist voraus.“ (Spitzer 2003) Ein wacher Geist ist für mich gleichbedeutend mit einem aktivierten Selbst. Zur Aktivierung des Selbst gehört meiner Meinung nach auch die Aufmerksamkeit. „Wir nehmen Dinge umso deutlicher wahr, behalten und verstehen sie umso besser, je mehr wir ihnen unsere Aufmerksamkeit widmen. Aufmerksamkeit ist ein Mittel unseres Gehirns bzw. unseres Geistes, mit der großen Fülle von Informationen fertigzuwerden, die in jeder Sekunde über die Sinnesorgane auf uns einstürzen.“ (Roth 2014)


Aufmerksamkeit kann man unterteilen. Die Vigilanz oder Wachsamkeitist ein Zustand des Organismus, der sich auf einer Skala zwischen hellwach und weggedöst befindet. Auf der anderen Seite gibt es die selektive Aufmerksamkeit, die den Fokus auf einen Sachverhalt richtet und Ablenkungen ausblendet. Spitzer (2003) zitiert eine Untersuchung, die darauf hinausläuft, dass man eine begrenzte und relativ konstante Informationsverarbeitungskapazität hat.


Lernerfolg hängt von der Aufmerksamkeit ab. Das lässt sich auch neurologisch zeigen. „Bin ich aufmerksam, dann geschieht nicht nur ein ‘psychologischer’ Prozess in mir, sondern auch ein messbarer neuro-biologischer. Es werden genau diejenigen Areale stärker aktiviert, die für die Verarbeitung der Aspekte […] zuständig sind, auf die ich meine Aufmerksamkeit richte.“ (Spitzer 2003) Im schulischen Kontext ist immer wieder von der Konzentration die Rede. Konzentration meint eben die fokussierte, zielgerichtete Bündelung der Aufmerksamkeit auf einen eng begrenzten Ausschnitt. „Konzentration ist vor allem eine Leistung des Arbeitsgedächtnisses.“ (Korte 2010) Und was nicht im Arbeitsgedächtnis zwischengespeichert ist, das kann auch nicht verarbeitet und später erinnert werden. Der Behaltensgrad einer Information hängt also davon ab, wie aufmerksam man die Information aufgenommen und wie aktiv man damit ‘hantiert’ hat.


In vielen Familien stösst man hier sicher an Grenzen. Wenn die Mutter mit der Tochter das 1x1 übt, der grosse Bruder an einer Videokonferenz Englisch teilnimmt und der Vater im Homeoffice ein Telefonat führt, dann ist es schon sehr schwierig die Aufmerksamkeit zu bündeln. Zudem mögen auch Sorgen und Ängste, Hoffnungen und Sehnsüchte die Gedanken absorbieren. Es gehört auch zu den Kehrseiten der oben positiv erwähnten Austauschmöglichkeiten via Computer, dass eingehende und dabei piepende Chat-Nachrichten einen immer wieder aus der Aktivität reissen.

Ablenkungen ausblenden und Aufmerksamkeit bündeln zehrt an den Kräften und wohl auch an den Nerven - und die liegen dann ab und zu blank.


„Neugier ist der Docht in der Kerze des Lernens“, so betitelt der Psychotherapeut und Hirnforscher Bertram (2013) seinen Vortrag. Wie auch an anderer Stelle erwähnt, ist das Gehirn nicht interessiert an Normalem, Vorhersehbarem, an Routine. Aber die Gier auf Neues bündelt die Aufmerksamkeit.


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